Krieg bedeutet Leid und Lügen



Bildergalerie 1/1

LIMBURG | Am 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, wurde der Sitzungssaal des Limburger Rathauses zur Bühne für ein außergewöhnliches Theatererlebnis. Das Turmalin Theater präsentierte das Ein-Personen-Stück „Kassandra“ nach Christa Wolf – eine eindrückliche literarisch-politische Reflexion über Wahrheit, Macht und den Irrsinn des Krieges.
Die Veranstaltung wurde von Carmen von Fischke, Frauenbeauftragte der Stadt Limburg, eröffnet. In ihrer Begrüßung erinnerte sie daran, dass Frauen die Hälfte der Menschheit sind – und doch noch immer zu selten Gehör finden. Sie sprach sich für eine Welt aus, in der Menschen nicht nach Sexualität, Religion oder anderen Merkmalen beurteilt werden, sondern in der Frieden, Respekt und Gleichwertigkeit selbstverständlich sind.
In der Rolle der Kassandra brillierte die Schauspielerin Cornelia Gutermann-Bauer. Mit großer Intensität verkörperte sie die trojanische Seherin, die gezwungen ist, das Unheil vorauszusehen – ohne je Gehör zu finden. Ihre Prophezeiungen über den drohenden Untergang Trojas verhallen ungehört, obwohl sie die Wahrheit ausspricht. Besonders eindrucksvoll war der Satz: „Ein Krieg um ein Phantom geführt, kann nur verloren gehen.“ Denn genau darum geht es in diesem Stück: um einen Krieg, der auf einer Lüge basiert, um Intrigen, die Menschen zerbrechen und um brutale Zerstörung. Troja ist eine Stadt, die untergeht, weil niemand bereit ist, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Krieg, so zeigt die Inszenierung eindringlich, entsteht nicht nur aus Machtgier – sondern aus bewusster Verdrängung, aus Blindheit und Ignoranz. Und am Ende stehen Leid, Zerstörung und Sprachlosigkeit.
Die minimalistische Inszenierung mit gezieltem Lichteinsatz rückte die Figur Kassandras und ihre innere Not in den Mittelpunkt. Ihre Wut, ihre Verzweiflung, ihr Mut, trotz allem die Wahrheit auszusprechen, machten das Stück zu einer intensiven und zeitlosen Auseinandersetzung mit der Frage: Was passiert, wenn niemand die Warnung hören will?
Die Reaktionen des Publikums fielen nachdenklich und vielschichtig aus. Einige Gäste bezeichneten die Inszenierung als „schwere Kost“ und merkten an, dass ein solcher Theaterabend in Limburg eher ungewohnt sei. Eine Stimme meinte: „Man musste sich erst auf die vielen griechischen Namen und Bezüge einlassen. Aber wenn man drin war, wurde erschreckend klar: Der ganze Krieg war auf einer Lüge aufgebaut – und niemand wollte das wahrhaben.“ Eine andere Person formulierte: „Ein starker Auftritt, der lange nachhallt. Aber auch verstörend, gerade weil so vieles so vertraut wirkt.“ Am Ende erhoben sich viele der Anwesenden und spendeten stehenden Applaus – Ausdruck der Anerkennung für eine intensive künstlerische Leistung, die zum Nachdenken anregte.
Die Veranstaltung wurde gemeinsam organisiert von der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg und Wetzlar, Lahn-Dill-Eder (KEB), dem Frauenbüro der Stadt Limburg, dem kfd Diözesanverband Limburg sowie dem Frauenbüro des Landkreises Limburg-Weilburg. Sie war nicht nur ein künstlerisches Highlight, sondern auch ein bewegender Beitrag zur Erinnerungskultur – ein Aufruf, den dunklen Mechanismen von Macht, Gewalt und Täuschung nicht tatenlos zuzusehen.

Bildergalerie 1/1
